Für Kämpfertypen
Ukraine und Deutschland im gemeinsamen Trainingslager in Leverkusen (c) Jörg Frischmann

Sitzvolleyball-WM als Auftakt zur Paralympics-Qualifikation

Nach Tokio ist vor Paris: Gut ein Jahr nach den Paralympics in Japan beginnt für die deutschen Sitzvolleyball-Nationalmannschaften bereits die Qualifikationsphase für die nächsten Sommerspiele. Bei den Weltmeisterschaften, die vom 4. bis 11. November in Sarajevo (Bosnien und Herzegowina) stattfinden, winkt dem Sieger das erste von insgesamt acht Paralympics-Tickets für Paris 2024. Sechs Bayer-Spieler und zwei -Spielerinnen sind bei der WM dabei.


Vor diesem Hintergrund ist das Abschneiden bei diesen Titelkämpfen umso wichtiger. Für die deutschen Teams wird es darum gehen, sich mit guten Ergebnissen in der Weltrangliste zu verbessern. Die Männer sind derzeit Achter. „Wir wollen besser abschneiden als beim letzten Mal mit Platz zehn“, gibt Bundestrainer Michael Merten die Zielsetzung vor. „Ich hoffe, dass wir am Ende unter die besten Fünf kommen. Wenn sich darüber hinaus eine Chance im Medaillenkampf bietet, wollen wir bereit sein und sie nutzen.“

Dass China und Russland nicht teilnehmen, mache die Erfolgsaussichten für sein Team aber nicht automatisch größer. Denn die großen Sitzvolleyball-Nationen wie Ägypten, Bosnien und Herzegowina oder der Iran sind am Start. „Es gibt bestimmt zehn Teams, die um die Medaillen mitspielen können“, glaubt Merten, der seiner Mannschaft in Bestform einiges zutraut. „Es gibt zwei, drei Teams, gegen die der Ausgang völlig offen ist, auch wenn wir wirklich gut spielen. Alle anderen sollten wir bei eigener Top-Leistung bezwingen.“

Diesen Nachweis erbrachte Deutschland mit dem Sieg beim internationalen Turnier in Assen im Juli und dem zweiten Platz hinter Bosnien in der Golden-Nations-League. „Das war in der gleichen Halle in Sarajevo, wo jetzt die WM gespielt wird, das ist gut für uns“, sagt der 53-jährige Trainer, der ansonsten auf eine „durchwachsene Vorbereitung“ zurückschaut. Neben einigen verletzungsbedingten Ausfällen und gesundheitlichen Problemen einzelner Spieler sei es mitunter schwierig gewesen, geeignete Trainingspartner zu finden. „Wir wollten für fünf Tage in den Iran fliegen, haben die Reise allerdings aufgrund der Sicherheitslage im Land vor über fünf Wochen abgesagt.“

Stattdessen absolvierte Deutschland ein internes Trainingslager in Kienbaum. Den letzten Feinschliff holte sich die Mannschaft in einem gemeinsamen Lehrgang mit der ukrainischen Nationalmannschaft, die erst vier Tage in Koblenz und anschließend vier weitere Tage – unterstützt aus dem Soforthilfefonds „Sportler helfen Sportlern“ von Deutschem Olympischem Sportbund und Deutscher Sporthilfe – in Leverkusen zu Gast war. Weitere Trainingsspiele sind in Sarajevo geplant, unter anderem gegen Brasilien, das neben Silver-League-Sieger Polen und Kanada Gruppengegner ist. „Wir nehmen unsere Konkurrenten sehr ernst“, sagt Merten. „Die Brasilianer stellen sicher das stärkste der drei Teams. Sie haben einen neuen Spieler in ihren Reihen, der 2,36 Meter groß ist. Auf ihn sind wir gespannt.“

Frauen treffen auf Brasilien, Italien und Finnland

Die deutschen Frauen treffen ebenfalls auf Brasilien sowie auf Italien und Finnland. Als Dritter und Vierter der Weltrangliste hat Christoph Herzog vor allem die beiden erstgenannten Gegner auf dem Zettel. „Wir wollen diese beiden starken Nationen ärgern und Finnland auf jeden Fall schlagen“, sagt der langjährige Sitzvolleyball-Nationalspieler. Ziel sei ein Platz unter den besten Acht. „Wenn es am Ende Rang fünf oder sechs werden sollte, wäre ich glücklich und zufrieden“, fügt Herzog an, für den es die erste WM als verantwortlicher Coach ist. Die Gruppenkonstellation lasse allerdings vieles zu. „Je nach Los und Platzierung kann eine günstige Konstellation entstehen, durch die wir weit kommen können. Aber genauso gut können wir auch früh rausfliegen.“

Die Stammspielerinnen der Mannschaft, die Dritter der EM wurden, sind alle an Bord. Die personelle Situation lasse ansonsten aber wenig Spielräume für Wechsel. Der Kader ist nach Rücktritten und aufgrund von Krankheiten sowie einer studienbedingten Pause dezimiert, so dass die Breite im Team diesmal fehlt. Spielerinnen wie Salome Hermann beispielsweise, die an Long Covid leidet, werden schmerzlich vermisst. „Sie ist wichtig fürs Team, auf und neben dem Feld“, betont Herzog. Und trotzdem: Seine Truppe halte zusammen – und das will sie bei dieser WM einmal mehr unter Beweis stellen und das Bestmögliche abrufen.

Weitere Informationen zur WM gibt es auf der Webseite des internationalen Verbandes.

Text: Stefanie Bücheler-Sandmeier / DBS 

Die deutsche Teams für die Sitzvolleyball-WM:

Herren:

Dominik Albrecht (35 / Bocholt / TSV Bayer 04 Leverkusen), Magnus Fischer (31 / Bückeburg / Anpfiff Hoffenheim e.V.), Stefan Hähnlein (32 / Berlin / TSV Bayer 04 Leverkusen), Torben Schiewe (37 / Celle / TV Güls), Alexander Schiffler (40 / Dresden / Dresdner SC 1898), Lukas Schiwy (28 / Grevenbroich / TSV Bayer 04 Leverkusen), Peter Schlorf (36 / Cottbus / SCC Berlin), Jürgen Schrapp (48 / Illertissen / TSV Bayer 04 Leverkusen), Florian Singer (24 / Dresden / Dresdner SC 1898), Mathis Tigler (26 / Dinslaken / TSV Bayer 04 Leverkusen), Francis Tonleu (45 / Akonolinga (Kamerun) / BSG Emmelshausen), Martin Vogel (50 / Sao Paulo / TG Nürtingen), Sebastian Vollmer (36 / Magdeburg / HSV Medizin Magdeburg), Heiko Wiesenthal (47 / Mayen / TV Güls).

Damen:

Anne Kathrin Berndt (35 / Halle / BTS Neustadt Bremen), Daniela Cierpka (31 / Magdeburg / HSV Medizin Magdeburg), Marlies Dreblow (60 / Großenhain / SC Potsdam), Anett Jelitte (47 / Ascherslebe / HSV Medizin Magdeburg), Tanja Anna-Maria Krosse (32 / Leipzig / LBRS e.V.), Michelle Schiffler (39 / Lake Wales / LBRS e.V.), Ronja Schmölders (29 / Düsseldorf / TSV Bayer 04 Leverkusen), Sonja Scholten (34 / Waldbröl / TSV Bayer 04 Leverkusen), Josefine Seifert (33 / Lutherstadt / LBRS e.V.).


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