Sitzvolleyball: Direkte Paralympics-Qualifikation verpasst, Hoffnung bleibt
Die deutschen Sitzvolleyball-Nationalmannschaften mit neun Spieler*innen des TSV Bayer 04 Leverkusen haben beim Weltcup im ägyptischen Kairo stark aufgespielt, am Ende das ersehnte Ziel der Paralympics-Qualifikation aber jeweils im entscheidenden Spiel durch das Halbfinal-Aus knapp verpasst: Die Frauen verloren gegen die Top-Favoritinnen aus Kanada, die Männer scheiterten an den Gastgebern. Beiden bleibt noch das Qualifikationsturnier im chinesischen Dali im April für den letzten Paralympics-Startplatz – wobei für die Männer das Paris-Ticket dank Rang drei schon vorher per Post kommen könnte.
„Beide Mannschaften im Halbfinale unter den besten Vier, beide Mannschaften bestes europäisches Team – das ist erstmal eine ganz starke Aussage für den Abschluss dieses Turniers“, freute sich Cheftrainer Christoph Herzog, der beide Mannschaften betreute und deshalb ab und zu auch mal von einem zum anderen Match eilen musste. Das beste Team, das beim Weltcup noch nicht für die Paralympics qualifiziert ist, bekommt den eigentlich vorletzten Startplatz bei den Spielen 2024 in Paris – so war zumindest die Vorstellung des Weltverbands World Para Volley im Vorfeld. Das Problem: Neben Frankreich als Gastgeber wäre bislang der WM-Titel 2022 sowie der Gewinn der Pan-Amerika-, der Asien-und-Ozeanien-, Europa- und der Afrika-Meisterschaft mit einem von acht Startplätzen honoriert worden – doch die Afrika-Meisterschaft fand bisher nicht statt.
Als die deutschen Männer mit Dominik Albrecht, der noch als bester Blockspieler individuell ausgezeichnet wurde am Turnierende, Kapitän Jürgen Schrapp, Stefan Hähnlein, Lukas Schiwy, Mathis Tigler, Thomas Renger und Magnus Fischer also nach drei Siegen in der Vorrunde und einem starken 3:1 im Viertelfinale gegen Brasilien in der Runde der besten vier Teams gegen die ägyptischen Gastgeber mit 1:3 das direkte Paris-Ticket verpassten, war klar, dass auch das Spiel um Platz drei wichtig werden würde. Denn: Ägypten ist bei den Afrika-Meisterschaften haushoher Favorit, sollten sie dort gewinnen, würde die drittplatzierte Mannschaft den „Weltcup-Startplatz“ aus Kairo übertragen bekommen – und das wäre dann Deutschland oder die Ukraine. In der Vorrunde hatten die deutschen Männer klar mit 3:0 gesiegt, auch im Bronze-Spiel Satz eins dominiert. Doch dann drehte die Ukraine auf, entschied zwei knappe Sätze für sich und die Deutschen waren gefordert. Mit einem deutlichen vierten Satz und einem 15:5 sicherte sich das Team um Kapitän Jürgen Schrapp die Bronze-Medaille – und damit auch eine große Portion Hoffnung, die weite Reise nach China zum Qualifikationsturnier im April nicht antreten zu müssen, weil das Paris-Ticket schon vorher durch einen möglichen Afrikameister Ägypten nachträglich nach Deutschland geht.
„Bei den Männern war es super, das ganze Turnier lief eigentlich wunderbar durch – mit einer Ausnahme“, sagte Herzog, der ausgerechnet im Halbfinal-Spiel krankheitsbedingt rotieren musste: „Problem war, dass gegen Ägypten alles zusammenkam: Zwei Spieler aus der ersten Sechs waren nicht zu 100 Prozent fit beziehungsweise gar nicht einsetzbar, das macht natürlich auf dem Niveau einen Riesen-Unterschied, deshalb haben wir das Halbfinale verloren. Alle anderen Spiele haben wir gewonnen, haben Brasilien und zwei Mal die Ukraine geschlagen. Das sind absolute Top-Ergebnisse, deswegen ist der dritte Platz absolut verdient. Im Halbfinale war Ägypten einfach stärker, das muss man akzeptieren.“
Nun hofft Herzog auf die Afrika-Meisterschaften, möchte aber auf alle Fälle vorbereitet sein: „Jetzt warten wir ab, was mit dem dritten Platz passiert. Es wäre natürlich super, wenn das reichen würde. Aber am Ende werden wir eine gute Vorbereitung machen und das Qualifikations-Turnier in Dali planen. Wenn es anders kommt, freuen wir uns. Ich glaube, dass die Jungs auf jeden Fall zu den Paralympics gehören und das große Ziel sein muss, dass in Dali potenziell beide Mannschaften ihr Ticket holen.“
Vierter Platz für Frauen „eine super Geschichte“
So war Herzog auch mit den deutschen Frauen um die Leverkusenerinnen Ronja Schmölders und Sonja Scholten hochzufrieden, die beim Weltcup ein starkes Turnier spielten und nach ebenfalls drei Siegen zum Auftakt die Vorrundengruppe als Zweite hinter den chinesischen Paralympics-Silbermedaillengewinnerinnen und späteren Weltcup-Siegerinnen beendeten. Nach einem 3:1 gegen die EM-Zweiten aus Slowenien im Viertelfinale – Satz eins ging noch 12:25 verloren, doch dann drehten die Deutschen das Spiel – warteten im Halbfinale die ungeschlagenen Top-Favoritinnen aus Kanada im Duell um den direkten Paralympics-Startplatz.
„Die wichtigen Spiele wurden gewonnen. Zwei Mal Mannschaften aus der Weltrangliste vor uns besiegt und ins Halbfinale gekommen, das haben sie geschafft“, sagte Herzog, dessen Team beim 0:3 gegen die Kanadierinnen und auch im Spiel um Platz drei beim 0:3 gegen die Weltmeisterinnen aus Brasilien das Nachsehen hatte: „Beide Mannschaften sind einfach stärker, deshalb ist der vierte Platz für uns eine super Geschichte und genau der Platz, den wir angepeilt haben.“
Bleiben die deutschen Sitzvolleyballerinnen auch beim Qualifikationsturnier vom 3. bis 10. April im chinesischen Dali vor der Ukraine und Slowenien als vermeintlich stärksten Kontrahentinnen, dürften sie sich nicht nur über den letzten Paris-Startplatz freuen, sondern auch über die erstmalige Paralympics-Teilnahme überhaupt. Das ist auch Herzogs Marschroute: „Jetzt geht’s auf nach Dali nächstes Jahr, das letzte Qualifikations-Turnier. Wir werden dem alles unterordnen, um dort das letzte Ticket zu holen.“