Sechs Paralympics-Medaillen für TSV Bayer 04 Leverkusen
Zwei Gold, zwei Silber und zwei Bronzemedaillen gewinnen die Athletinnen und Athleten des TSV Bayer 04 Leverkusen bei den Paralympics in Paris – und vor allem die Überraschungen bleiben neben der einzigartigen Stimmung vor Ort im Gedächtnis.
Einer der Momente der Paralympics aus Leverkusener Sicht ereignete sich am Donnerstagvormittag im Stade de France. Sekunden, bevor Markus Rehm seine vierte Weitsprung-Goldmedaille in Folge überreicht wird, springt Nele Moos mit 5,13 Metern im Weitsprung von Platz fünf auf zwei – Silber mit deutschem Rekord im letzten Versuch! Und als sie die Weite sieht, wird für Markus Rehm die Nationalhymne gespielt. Gänsehaut pur!
Weltrekord und Gold für Taliso Engel
Ein paar Kilometer weiter in der La Défense Arena schwimmt Taliso Engel im Vorlauf Weltrekord über 100 Meter Brust und holt dann – mit nur 22 Jahren und als aktueller Welt- und Europameister – am Abend souverän seinen zweiten Paralympicssieg. Schon die erste deutsche Medaille überhaupt in Paris hatte ein Bayer-Athlet geholt: Der 18 Jahre junge Schwimmer Maurice Wetekam hatte bei seinem Paralympics-Debüt Bronze in deutscher Rekordzeit gewonnen – wie Engel über 100 Meter Brust. Zudem gab es für Wetekam über 200 Meter Lagen im Vorlauf und Finale jeweils einen deutschen Rekord und am Ende Rang sechs – rundum gelungene Spiele für unser Nachwuchstalent.
In der Leichtathletik sprang Markus Rehm zu seinem vierten Weitsprung-Gold in Folge seit London 2012, insgesamt war es sein fünfter Paralympicssieg. Johannes Floors holte in Saisonbestzeit Silber über 400 Meter, konnte aber nicht verhindern, dass seine seit der WM in London 2017 andauernde Siegesserie reißt. Bei Moos war die Freude über Weitsprung-Silber ungemein größer, um nicht zu sagen, dass sie es absolut nicht fassen konnte – und über 400 Meter lieferte sie noch eine persönliche Bestzeit nach, die sie um mehr als eine halbe Sekunde verbesserte. Nicht zu sehr auf dem Schirm hatten viele auch die Bronzemedaille von Irmgard Bensusan. Die Ex-Weltmeisterin und bis dato fünffache Silbermedaillengewinnerin bei Paralympics ließ bei ihren letzten Sommerspielen ihr Herz auf der Bahn und sprintete auf Rang drei über 200 Meter.
Vier vierte Plätze für den TSV
Es gab aber natürlich auch Enttäuschungen im 20-köpfigen Bayer-Team, dem größten aller Zeiten: Für Léon Schäfer etwa, der als Doppel-Weltmeister von Kobe 2024 angereist war und mit zwei vierten Plätzen nach Hause reisen muss. Für Johannes Floors mit Rang vier über 100 Meter. Für die sieben Leverkusener Sitzvolleyballer, die nach einem „super Turnier“, wie Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann sagt, erst im Halbfinale gegen Bosnien-Herzegowina und dann im Spiel um Bronze im Tiebreak gegen Ägypten verloren: „Da hat im Angriff die Durchschlagkraft gefehlt, um gegen die Ägypter bestehen zu können. Und hätten sie im Halbfinale ihre Leistung abrufen können, wäre auch das Finale drin gewesen.“
Hoffnung machte Frischmann, dass es zahlreiche Bestleistungen zum Saisonhöhepunkt gab: Ein Indiz für die gute Planung der Trainerinnen und Trainer, die involviert waren. Die 18 Jahre junge Jule Roß wurde über 400 Meter beispielsweise Achte mit ihrer zweitschnellsten Zeit überhaupt und sprintete über 200 Meter auf Rang zehn und zum deutschen Rekord, der seit 1992 Bestand hatte. Über 100 Meter holte sie auch eine Bestzeit. Kim Vaske verbesserte sich über 100 und 200 Meter, letzteres auch mit deutschem Rekord. Und für Nele Moos gab es sogar über 100 und 200 Meter sowie im Weitsprung Bestleistungen – dort sogar gleich drei. Der Grieche Stelios Malakopoulos sprintete über 400 Meter zur Bestzeit und Rang sieben. „Speziell die jungen Athletinnen haben mit persönlichen Bestleistungen überzeugt“, sagt Frischmann, der natürlich auch an Los Angeles 2028 denkt: „Unter dem Aspekt fällt das Fazit mit sechs Medaillen natürlich auch positiv aus. Die größte Überraschung war Nele Moos mit Silber.“
„Schwung der Paralympics mitnehmen“
Von 49 deutschen Medaillen gewann der TSV sechs, in Rio 2016 waren es noch 15, in Tokio acht. Insgesamt habe sich das Leistungsniveau weltweit auch in der Breite gesteigert, wie Frischmann sagt. „Es ist nicht mehr so einfach, in der Spitze anzukommen. Speziell bei Markus und Johannes haben die US-Amerikaner große Fortschritte gemacht, es ist deutlich enger geworden, auch wenn Markus es geschafft hat, die Goldmedaille zu gewinnen. Bei Taliso sieht es ein bisschen anders aus, der hat da noch Vorsprung und das ganz souverän gemeistert.“ Zwei Medaillen waren zumindest noch made in Leverkusen: Die jetzige Australierin Vanessa Low, die mit Weitsprung-Weltrekord erneut Gold gewann, startete hier genauso ihre Karriere wie Felix Streng, der zu Bronze über 100 Meter sprintete.
Nun sei es wichtig, sagt Frischmann, dass der Schwung der Paralympics mitgenommen werde in die Zukunft: „Wer Para Sport ausprobieren möchte, ist bei uns immer an der richtigen Adresse. Sport kann allen Menschen so viel geben, das haben die Paralympics gezeigt.“ Vom 8. bis 10. November finden beispielsweise Talent Days gemeinsam mit Ottobock statt, bei dem Kids und Jugendliche erstmals mit Sportprothesen rennen können.