Neun Weltrekorde beim Integrativen Sportfest
Optimale Bedingungen, neun Weltrekorde und viele Bestleistungen: Das 9. Integrative Sportfest des TSV Bayer 04 Leverkusen bot mit seinem attraktiven Teilnehmerfeld wieder einmal Parasport auf dem höchsten Niveau. Johannes Floors und Irmgard Bensusan knackten jeweils gleich zwei Weltrekorde.
Leverkusens Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann frohlockte schon die ganze Woche, dass die Bedingungen top sein könnten – und als nach dem ersten 100-Meter-Lauf der Rückenwind gerade so noch zulässig war, sah er sich bestätigt. Dabei musste er kurz zuvor noch schlechte Nachrichten verkraften: Frederike Koleiski, David Behre, Markus Rehm und Felix Streng konnten krankheits- oder verletzungsbedingt nicht starten, auch der Paralympics-Zweite Atsushi Yamamoto, der mit dem japanischen Team schon zwei Wochen in Leverkusen verbracht hatte, meldete sich ab.
„Wenn du so ein Starterfeld auf die Beine stellst und dann deine eigenen Athleten nicht dabei sein können, schmerzt das immer. Das tut mir echt leid für sie“, sagte Frischmann, der von seinen restlichen Athletinnen und Athleten vor einer tollen Zuschauerkulisse dann aber reihenweise starke Zeiten und Weiten präsentiert bekam – neben vier Weltrekorden, einem Europa- und zwei deutschen Rekorden gab es zudem 17 Bestleistungen.
Rekordjäger Nummer eins war Johannes Floors, der schon im Vorlauf mit 10,74 Sekunden eine Hundertstel unter der 100-Meter-Weltrekordmarke blieb – und im Finale dann angetrieben von der Konkurrenz durch Leverkusens Sprinter Carl Magnus Seeliger und dem Wattenscheider Alexander Kosenkow sich auf 10,66 Sekunden verbesserte und das Rennen hauchdünn gewann. Über die 200 Meter ließ der 24-Jährige dann 21,22 Sekunden folgen – wieder Weltrekord: „Ich fühle mich gut. Die Zeiten waren überragend und ich hätte das so aus dem Training heraus nicht erwartet. Ich liebe das Integrative Sportfest.“
Irmgard Bensusan tat es ihm gleich und stellte im Vorlauf über 100 Meter ihren eigenen Weltrekord von vor vier Wochen in Nottwil mit 12,72 Sekunden ein. Über 200 Meter blieb sie acht Hundertstelsekunden unter ihrer Nottwil-Rekordmarke und sprintete nach 26,15 Sekunden ins Ziel – Weltrekord. Nun müssen diese noch von World Para Athletics anerkannt werden, dem Para-Leichtathletik-Weltverband, um offiziell zu sein.
Gejubelt wurde auch bei Tom Sengua Malutedi, der sich im Hochsprung schon für die Weltmeisterschaft im November in Dubai qualifiziert hatte und nun über 100 Meter erstmals unter zwölf Sekunden blieb. In 11,85 Sekunden ersprintete er sich einen neuen Europarekord in seiner Startklasse. Johannes Bessell rannte mit dem ehemaligen Parasport-Praktikanten Henri Hansert als Tempomacher in 4:11,28 Sekunden zur WM-Norm über 1500 Meter, die gleichzeitig ebenso eine neue deutsche Rekordzeit bedeuteten wie die 5:01,95 Sekunden von Franziska Dziallas auf der gleichen Distanz.
Die tollen Bedingungen nutzen konnte auch Bastian Börsch, der mit 13,81 Sekunden erstmals unter der 14-Sekunden-Marke blieb und im Weitsprung mit 5,28 Metern gleich fünf Mal über fünf Meter sprang, was ihm zuvor im Wettkampf nie gelungen war. Noah Bodelier sprintete in 12,61 Sekunden zu einer Bestzeit und ließ mit 6,26 Metern eine Bestweite folgen. Das gelang auch Tim Jürgens, der 13,52 Sekunden und 4,76 Meter am Ende stehen hatte. Moritz Hoffmann blieb mit 1:01,77 Sekunden knapp zwei Sekunden unter seiner alten 400-Meter-Bestzeit und Merve Petruck war mit 14,95 Sekunden über 100 Meter und 31,39 Sekunden über 200 Meter schneller unterwegs als je zuvor.
Dazu gesellten sich tolle Leistungen der ganz jungen Athletinnen und Athleten, die teilweise ihren ersten Wettkampf machten und am nächsten Morgen beim Schnuppertraining noch wertvolle Tipps von Paralympicssieger Heinrich Popow bekamen.
Auch die internationalen Athleten wussten die Bedingungen zu schätzen, so sprintete der 17-jährige Ntando Mahlangu über 200 und 400 Meter zu einem neuen Weltrekord in seiner Startklasse. Der Brite Kyron Duke stieß im Duell mit Paralympicssieger Niko Kappel 14,19 Meter und klaute dem Deutschen den Weltrekord, den dieser erst wenige Wochen zuvor vom Polen Bartosz Tyszkowski zurückerobert hatte – wobei auch Kappel mit 13,90 Metern eine gute Weite zeigte. Der Waliser Harrison Walsh stieß 15,50 Meter und freute sich über einen Weltrekord, die Japanerin Erina Yuguchi stellte mit 21,46 Sekunden über 100 Meter ebenfalls eine neue Weltrekordmarke auf. Dazu gab es vier Europa-, drei Asien und drei Afrika-Rekorde.
Parasport-Geschäftsführer Frischmann zog in jedem Fall eine positive Bilanz nach dem Sportfest, machte sich mit Blick auf den nächsten Termin am 3. Juli 2020 aber schon Gedanken: „Wir hatten einen Teilnehmerrekord und bekamen auch von den nichtbehinderten Teilnehmern viel Lob für die familiäre Atmosphäre. Die Helfer waren fantastisch, aber wir waren organisatorisch echt am Anschlag. Im kommenden Jahr wird unser Sportfest für die deutschen Athleten die letzte Möglichkeit zur Paralympics-Qualifikation für Tokio sein, da könnte das Ganze noch mal eine Nummer größer werden. Die Planungen starten schon jetzt.“
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