Karl-Heinz Düe: Der Vater der inklusiven Trainingsgruppen
Ein Moment großer Emotionen beim Integrativen Sportfest: Trainer-Legende Karl-Heinz Düe wurde von Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann, Parasport-Abteilungsleiter Dr. Karl Quade, TSV-Geschäftsführerin Anne Wingchen und Leichtathletik-Abteilungsleiter Dr. Frank Kobor offiziell verabschiedet.
Als über den Behindertensport noch im Medizin- und Sozialressort der Tageszeitung berichtet wurde, startete in Leverkusen Karl-Heinz Düe das Projekt, das er heute sein „Baby“ nennt: Der Leichtathletik-Trainer ließ Nichtbehinderte und Behinderte zusammen trainieren.
„Das haben wir hier als Erste gemacht, das war bahnbrechend“, sagt Düe heute, nachdem er mit seinen Athletinnen und Athleten in 25 Jahren im paralympischen Sport alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt.
1992 stand Jörg Frischmann plötzlich in der Halle und wollte mit Düe zusammenarbeiten. „Er war mein erster Athlet. Anfangs waren da Berührungsängste, da kommt einer ohne Finger und ohne Füße und sagt mir, er will bei mir trainieren. Dann bin ich nach Hause und da hat meine Frau gesagt: Das ist doch überhaupt kein Problem, die wollen behandelt werden wie alle anderen auch und so habe ich das dann gemacht.“
Später kam Heinrich Popow und irgendwann auch David Behre dazu, Düe trainierte zu jener Zeit auch die Mehrkämpferinnen und erinnert sich: „Das war nicht immer einfach. Wenn da Beine von den Jungs rumstanden, war das nicht ohne und für die Frauen schon etwas komisch. Aber als sie nach kurzer Zeit dann merkten, dass die genauso Blödsinn machen, war das gar kein Thema mehr.“
Düe war 1972 wegen seines Studiums an der Deutschen Sporthochschule Köln als Mittelstreckler und Mehrkämpfer zu Bayer gekommen und trainierte dort unter Gerd Osenberg. 1974 wurde er Übungsleiter und dessen Assistent, 1977 hauptamtlicher Trainer. In seiner Gruppe waren Frauen, Männer, Mittelstreckler, Werfer, Mehrkämpfer. Anfang der 90er-Jahre stockte er sein männliches Jugendteam von sieben auf 55 Athleten auf.
Angesprochen auf seinen größten Erfolg als Trainer legt Düe sich nicht fest, sagt dann aber: „Als Jenny Oeser 2009 in Berlin bei der Weltmeisterschaft Silber im Siebenkampf gewonnen hat, war das auch schön. 2010 bei der Europameisterschaft kam dann noch Bronze mit Bestleistung in Barcelona dazu, das war auch super. Aber das ist schwer zu sagen, Heinrich Popows Gold 2012 in London oder die Erlebnisse von Rio waren ebenso besonders, das sind alles Momente, in denen man den Lohn seiner Arbeit sieht. Für mich ist wichtig, dass Athleten sehen, dass man mit konsequentem Training Erfolg haben kann.“
Nachdem er schon vor den Paralympics 2016 seinen Rücktritt erstmals bekanntgegeben hatte und nach Rio wieder, sich aber noch mal bis zur Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr überreden ließ weiterzumachen, war seither Schluss. In Stefan Press ist ein Nachfolger gefunden – und Düe genießt die Wohnmobil-Urlaube mit Frau und Hund, die er nun öfters als zu Trainer-Zeiten machen kann. Auf der Anlage schaut er trotzdem häufig vorbei.
International wird heute fast nur noch nach Dües Beispiel in inklusiven Gruppen trainiert. Doch wenn es um die Leistungen geht, ist ihm eines wichtig: Düe möchte nicht, dass olympische und paralympische Athleten verglichen werden, alleine schon unter dem Gesichtspunkt der Konkurrenz – „ohne die Leistungen schmälern zu wollen.“