Für Kämpfertypen
Nele Moos, Johannes Floors und Irmgard Bensusan (c) Para Leichtathletik Förderverein / Kevin Voigt

Goldener Abschluss in Paris: WM-Titel für Bensusan und Floors, Bronze für Schäfer

Es sollte das krachende Ende der Para Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Paris werden – und die Athletinnen und Athleten lieferten: Gold für Irmgard Bensusan und Johannes Floors sowie Bronze für Léon Schäfer feierte das Team Deutschland Paralympics am Abschlussabend im Stade Charléty. Damit ist die Schlussbilanz mit zwölf Mal Edelmetall durchaus ansehnlich – davon alleine vier Gold- und zwei Bronzemedaillen durch den TSV Bayer 04 Leverkusen.


Die WM-Organisatoren hatten es gut gemeint mit dem deutschen Team – oder zumindest hatten sie ermöglicht, was sich am Montagabend gegen 19.45 Uhr im Pariser Stade Charléty abgespielt hatte: Als Johannes Floors als Sieger über 400 Meter ins Ziel sprintete, kam Nele Moos vom Interview aus der Mixed Zone angerannt, Irmgard Bensusan wirbelte von der Siegerehrung direkt zu Floors und die Leverkusener Trainingsgruppe von Erik Schneider umarmte sich innig. Schon in Tokio war Floors zu Gold geflogen – und Bensusan erwartete ihn mit offenen Armen im Ziel. Die Extra-Brise dieses Mal: Die gebürtige Südafrikanerin hatte knapp eine Stunde vorher selbst Gold gewonnen.

Irmgard Bensusan „glückfluchte“ sich ins Ziel und blickte ungläubig drein: Die Doppel-Weltmeisterin von Dubai 2019 hatte ihren 200-Meter-Titel in der zusammengelegten Klasse T64 in WM-Rekord von 26,82 Sekunden verteidigt – und das völlig unerwartet. „Ich habe gehofft, dass ich Vierte werde, um einen Startplatz für die Mannschaft für die Paralympics zu holen. Dass ich jetzt Weltmeisterin bin, davon habe ich nicht einmal geträumt. Mit der Zeit bin ich sehr zufrieden, es war Saisonbestleistung und ich war die Einzige unter 27 Sekunden.“

Nach einem guten Start sprintete die 32-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen, die bei Erik Schneider trainiert, ausgangs der Kurve an ihren Konkurrentinnen auf Prothesen vorbei und hielt diese Position bis ins Ziel. Noch über 100 Meter war der Titelverteidigerin nur Rang sechs geblieben, doch sie war stolz über ihre Zeit, zumal sie den Fokus in diesem Jahr bereits auf ihre berufliche Zukunft gelegt hat. „Ich wollte diese WM genießen und ich will die Paralympics genießen und im nächsten Jahr in Paris einen schönen Abschluss erleben“, sagte die fünfmalige Paralympics-Medaillengewinnerin: „Egal wie die Paralympics für mich laufen, steht für mich fest: Ich hatte eine sehr schöne Karriere und das ist das Einzige, was für mich zählt. Ich wünsche mir, in Zukunft ganz viel mit dem Nachwuchs zu arbeiten.“

Emotionaler Floors sprintet fast zum Weltrekord

Johannes Floors Zeit war sensationell: 45,81 Sekunden – nur vier Jahre zuvor in Dubai war er bei seinem Weltrekord-Lauf noch drei Hundertstelsekunden schneller. „Ich kann meine Gefühle kaum zusammenfassen, es war wie immer ein Wechselbad. Anspannung, Erwartungen erfüllen, den Titel verteidigen wollen, unter 46 Sekunden zu laufen – das ist schon alles belastend“, bot der Paralympicssieger einen Einblick in sein Innenleben: „Dann laufe ich durchs Ziel und es fällt ganz viel von mir ab. Ich bin platt, aber ich bin froh und glücklich, für mich war es die zweitschnellste Zeit, die ich jemals gelaufen bin. Ich habe mein Rennen gut hinbekommen, bin fokussiert geblieben. Das war eine sehr gute Basis für nächstes Jahr – und ich weiß, da geht noch mehr.“

Vor dem Start hatte es kurz Aufregung gegeben – Floors größter Konkurrent, der US-Amerikaner Hunter Woodhall, konnte nicht mitlaufen, weil beim ersten Probestart das Schraubengewinde in der Prothese herausgebrochen war. Woodhall weinte bittere Tränen und Floors tröstete ihn, nachdem der 28-jährige Leverkusener realisiert hatte, dass er kurzfristig an der Prothese nichts reparieren konnte. Aber auch sonst war es emotional, zumal Floors am Start warten musste, weil noch Bensusans Siegerehrung lief: „Die erste Träne musste ich schon verdrücken, als ich meine Familie auf den Rängen gesehen habe und die zweite, als unsere Hymne für meine Teamkollegin Irmgard lief und dann im Ziel meine Trainingsgruppe mit mir gefeiert hat. Wir gehen zusammen durch dick und dünn und sind wie eine kleine Familie, deshalb bin ich heute Abend besonders happy.“ 

Schäfer in Bestzeit zu 100-Meter-Bronze 

So lag es an Léon Schäfer, den Abend mit dem allerletzten Wettbewerb des Abends zu veredeln. Der Weitsprung-Weltmeister, der mit Weltrekord die erste deutsche WM-Medaille in Paris geholt hatte, wollte auch die letzte – am liebsten in Gold. Doch das wollten auch Europarekordhalter Joel de Jong aus den Niederlanden und der brasilianische Weltrekordhalter Vinicius Goncalves, sodass dem Leverkusener in persönlicher Bestzeit von 12,18 Sekunden nur Bronze blieb – neun Hundertstel hinter dem Sieger und zwei Hundertstel hinter Silber.

„Der Lauf hat sich ganz gut angefühlt, ich hätte aber ein bisschen freier laufen können. Ich muss bei den 100 Metern einfach noch lockerer bleiben“, sagte der 26-Jährige, der unbedingt Gold wollte, schnell aber sein Lachen wiederfand: „Meine Wettkämpfe waren ganz geil vom Zeitplan her in diesem Jahr. Das war eine neue Situation für mich, aber es hat einfach Spaß gemacht. Und ich bin sehr stolz, dass ich die letzte Medaille geholt habe. Es war definitiv leichter, mit der Goldmedaille im Gepäck zu laufen. Ich habe im Weitsprung das erreicht, was ich erreichen wollte und das hat mich beflügelt.“ Ein Sonderlob gab es dann noch für die Trainingskolleg*innen, die mit Schäfer schon eine Woche vor Paris im Pre-Camp in Südfrankreich an der Form gearbeitet hatten: „Wir trainieren zusammen, daher ist das sehr geil. Das war natürlich eine sehr starke Leistung. Johannes war vielleicht erwartbarer, aber in so einer Zeit ist schon beeindruckend. Und Irmgard war einfach der Wahnsinn.“

Moos „wie im Traum“ Vierte 

Zum perfekten Abend der Leverkusener Bande hätte nur noch eine zweite Bronzemedaille für Nele Moos gefehlt, aber der 21-Jährigen, die im Weitsprung sensationell Dritte geworden war, fehlten dieses Mal über 400 Meter nur 0,15 Sekunden zum erneuten Glück. Der Freude tat dies aber keinen Abbruch: „Ich kann nicht glücklicher darüber sein, gerade im Hinblick darauf, dass ich es vor zwei Jahren in Tokio nicht mal ins Finale geschafft habe, ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich habe mich am Anfang kurz geärgert, dass ich die Kolumbianerin nicht mehr bekommen habe und ich dachte, das greife ich noch an, aber die Körner habe ich nicht mehr gehabt.“ Schon vor dem Start war der Jubel für Moos am Start so laut, dass sie ihre Fans beruhigen musste: „Das ist total schön, so einen Support zu haben.“

Bereits am Sonntag hatte Noah Bodelier mit der 4x100-Meter-Universalstaffel in 51,64 Sekunden Rang sechs belegt, nachdem er im Weitsprung Achter geworden war: „Ich war sehr aufgeregt und hätte nicht gedacht, dass es so gut läuft. Ich nehme viel Erfahrung mit nach Hause.“

Schon am Sonntagvormittag waren die WM-Debütantinnen Jule Roß und Kim Vaske im Weitsprung der Klasse T47 am Start. Mit Platz 14 mit 4,84 Metern und Rang 15 mit 4,57 Metern blieben sie deutlich unter ihren Bestleistungen zurück, nahmen aber dennoch viel aus dem Wettkampf mit. „Ich hatte ein gutes Gefühl beim Einspringen, das konnte ich leider nicht umsetzen, weil der Wind sehr gedreht hat und immer unterschiedlich war. Ich habe sehr viel gelernt, aber es ist nicht das Ergebnis, das ich mir gewünscht hätte. Es ist Motivation, mehr zu trainieren, um dann nächstes Jahr umzusetzen, was heute nicht funktioniert hat und dann kommen auch unsere großen Weiten“, sagte Vaske und Roß ergänzte mit Blick auf den Weltrekord der Siegerin: „Hier dabei zu sein, ist Geschenk genug. Die Weltspitze ist richtig krass geworden und da kann man schon zufrieden sein. Man weiß jetzt, wo man steht und kann die anderen besser einschätzen. Es hat trotzdem Spaß gemacht und wir kommen wieder.“

Am Montag machten es beide dann besser: Über 200 Meter sprinteten sie beide mehr als eine Sekunde schneller als jemals zuvor. Vaske wurde in 27,27 Sekunden Zehnte, Roß belegte in 27,57 Sekunden Rang 13 – die beste Platzierung für die beiden Newcomerinnen.

Positives Fazit der Bundestrainerin

„Die jungen Athletinnen und Athleten haben sich wirklich sehr, sehr gut präsentiert, das ist erfrischend und schön. Wir haben tolle Beispiele für diesen Weg, die jetzt mit Medaillen belohnt worden sind: Nele Moos war 2019 bei der WM 17 Jahre jung, war in Tokio und gewinnt hier Bronze“, lobte Bundestrainerin Marion Peters explizit auch die Bayer-Athlet*innen: „Es waren für uns als Team ganz tolle Weltmeisterschaften, wir hatten einen tollen Teamspirit. Der Sieg von Léon war ein Eisbrecher für die ganze Mannschaft, Markus und Johannes haben geliefert. Das sind Stützen für eine Mannschaft, die man braucht. Nur wenn das funktioniert, kann man auch den Jungen eine Chance geben. Wir fahren glücklich und motiviert nach Hause und freuen uns auf nächstes Jahr.“

Nach dem achten und letzten Wettkampftag mit deutscher Beteiligung hat das Leverkusener Team durch Johannes Floors, Irmgard Bensusan, Markus Rehm und Léon Schäfer vier Mal Gold und durch Léon Schäfer und Nele Moos zwei Bronzemedaillen gewonnen.

Alle Ergebnisse

Irmgard Bensusan (T44)

100m: 13.12sec, Platz 6

200m: 26.82, Gold und Championship Record

 

Noah Bodelier (T64)

Weitsprung: 6,48m, Platz 8

4x100m Staffel: 51.64sec im Vorlauf, Platz 6 insgesamt

 

Franziska Dziallas (T20)

400m: 1:05,59min im Vorlauf, Platz 10

1.500m: 5:05.06min, Platz 10

 

Johannes Floors (T62)

100m: 10.94sec, Platz 4

400m: 45.81sec, Gold

 

Stelios Malakopoulos (T62)

Weitsprung: 6,89m, Platz 5 und Championship Record für T62

 

Nele Moos (T38)

100m: 13.69sec, Platz 7

400m: 1:03.59min, Platz 4

Weitsprung: 4,65m, Bronze

 

Lise Petersen (F46)

Speerwurf: 33,17m, Platz 8

 

Markus Rehm (T64)

Weitsprung: 8,49m, Gold und Championship Record für T64

 

Jule Roß (T/F46)

100m: 13.43sec im Vorlauf

200m: 27.57sec im Vorlauf

Weitsprung: 4,84m, Platz 14

 

Léon Schäfer (T63)

100m: 12.18sec, Bronze mit neuer persönlicher Bestleistung

Weitsprung: 7,25m, Weltrekord und Gold

 

Kim Vaske (T/F47)

100m: 13.09sec im Vorlauf

200m: 27.27sec im Vorlauf

Weitsprung: 4,57m, Platz 15


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