Viermal DM-Gold für den TSV Bayer 04
Dazu vier Silber- und vier Bronzemedaillen sorgen für eine sehr gute Bilanz der nationalen Titelkämpfe in Berlin.
Hans-Jörg Thomaskamp, der Sportliche Leiter der Leichtathleten des TSV Bayer 04 Leverkusen, ist kein Trainer, dem Superlative all zu leicht über die Lippen kommen. Doch nach diesem Meisterschafts-Wochenende in Berlin ist es passiert: „Überragend“ nannte er die Bayer-Bilanz der nationalen Titelkämpfe mit viermal Gold, viermal Silber und viermal Bronze.
Mit Mittel- und Langstreckenläuferin Konstanze Klosterhalfen und Sprinterin Jenny Montag fehlten zwar zwei der Stars des Teams corona- und verletzungsbedingt. Doch eine gute Mischung aus erfahrenen Titelkandidaten, die auf den Punkt ihre Leistungen brachten, und aufstrebenden Youngsters, die zum perfekten Zeitpunkt in neue Leistungsbereiche vorstießen, sorgte am Ende für ausgelassene Stimmung beim TSV Bayer 04 Leverkusen.
Zu Ersteren zählt Hochsprung-Europameister Mateusz Przybylko (Bild oben), der seine drei Jahre währende Durststrecke beendete und zum ersten Mal seit 2019 wieder über 2,30 Meter und damit zum geteilten Sieg flog. Auch der Münchner Tobias Potye überwand diese Höhe. Ein Stechen ist bei gleicher Höhe und gleicher Anzahl von Fehlversuchen nicht mehr vorgesehen, also gab es zweimal Gold. „Das ist irgendwie unleichtathletisch“, befand Przybylkos Coach Hans-Jörg Thomaskamp: „Aber die zwei wären nach einem Wettkampf über zweieinhalb Stunden mit vielen Verzögerungen in der prallen Sonne wahrscheinlich gar nicht zu weiteren Sprüngen in der Lage gewesen.“ Die EM in München mit der Mission Titelverteidigung kann für Przybylko nun kommen, er ist auf dem Weg zu mindestens alter Form. „Da muss nur noch mehr Routine her“, sagt Thomaskamp. Und auch ein WM-Ticket ist für den Hochspringer über die Weltrangliste noch im Bereich des Möglichen.
Auch Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre wurde seiner Favoritenrolle mehr als gerecht. Der 23-Jährige holte sich nicht nur den Titel zurück, sondern drang am Samstag mit seiner Steigerung auf 5,90 Meter auch gleich in neue Sphären vor. Die Verbesserung seiner PB um neun Zentimeter bedeutet: Platz drei in der Weltjahresbestenliste hinter dem Schweden Armand Duplantis (6,02 m) und dem US-Amerikaner Chris Nilsen (6,00 m). Und Torben Blech schwang sich zum ersten Mal in diesem Sommer über 5,70 Meter – das brachte ihm Bronze und neue Hoffnung auf internationale Starts in der laufenden Saison.
Für ein unverhofftes Bayer-Highlight im Hürdensprint sorgten zwei junge Athletinnen: Die 20-jährige Marlene Meier, Tochter von Hochsprung-Olympiasiegerin Heike Henkel und dem ehemaligen Zehnkampf-WM-Dritten Paul Meier, steigerte sich über 13,20 Sekunden im Halbfinale auf 13,15 Sekunden im Finale: Der erste Titel bei den Aktiven war gesichert und Meier war sprachlos vor Glück. In ihrem Sog verbesserte zudem Trainingspartnerin Franziska Schuster, ebenfalls 20 Jahre jung, ihre PB auf 13,32 Sekunden und holte Bronze. (Bild unten)
Hochspringerin Bianca Stichling (Bild im Text oben rechts) war nach ihrem Hallen-Titel und ihrer Steigerung in diesem Sommer auf 1,90 Meter unverhofft zur DM-Favoritin aufgestiegen, obwohl der 22-Jährigen die Erfahrung, die mit diesem Prädikat üblicherweise einhergeht, noch fehlt. Umso beachtlicher: In Berlin leistete sie sich bis 1,87 Meter keinen Fehlversuch und holte souverän den Titel. Zu einem 1,90er-Flug reichte es anschließend dann nicht mehr.
Die vier Silbermedaillen sammelten: Über 400 Meter Judith Franzen, die ihre PB auf 52,27 Sekunden steigerte. Auch Kollegin Annkathrin Hoven lief PB (52,64) und wurde Fünfte. Außerdem Hürdensprinter Tim Eikermann, der sich in einem packenden Finale in 13,78 Sekunden ganz knapp dem Leipziger Martin Vogel (13,74) geschlagen geben musste. Im Halbfinale hatte sich der 22-Jährige auf 13,66 Sekunden verbessert und damit einen TSV-Vereinsrekord aufgestellt. Dazu Dreispringerin Kristin Gierisch mit einem Satz auf 14,00 Meter sowie Hammerwerferin Michelle Döppke (65,51 Meter). Bronze holten neben Stabhochspringer Blech und Hürdensprinterin Schuster Hammerwerferin Carolin Paesler (65,49) und Speerwerferin Dana Bergrath (56,90).
Zumindest eine dicke Enttäuschung brachte das Wochenende leider auch: Diskuswerferin Marike Steinacker musste sich in einem harten Kampf um die drei deutschen WM-Tickets mit 61,98 Metern und Platz fünf zufriedengeben. An ihre erst kürzlich aufgestellte PB von 64,55 Metern kam die 30 Jahre alte Olympiaachte nicht heran – diese hätte zu Platz drei gereicht.
Fotos: Oliver Heuser