Für Wissbegierige
Johannes Floors und Léon Schäfer (c) Gate3 Photo Agency / Marcus Hartmann

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Floors verteidigt Titel, Schäfer Doppel-Weltmeister

Perfekter Abend für die Para Leichtathleten des TSV Bayer 04 Leverkusen: Erst sprintete Johannes Floors zu seinem vierten 400-Meter-Titel in Folge, dann siegte Léon Schäfer erstmals über 100 Meter und krönte sich zum Doppel-Weltmeister von Kobe 2024.


Der 400-Meter-Weltmeister von London 2017, Dubai 2019 und Paris 2023 heißt auch in Kobe 2024 Johannes Floors. Der Weltrekordhalter, der beim TSV Bayer 04 Leverkusen von Erik Schneider trainiert wird, lief die 400 Meter in Kobe in 47,49 Sekunden und siegte deutlich vor dem US-Amerikaner Hunter Woodhall und dem Niederländer Olivier Hendriks. Der US-Amerikaner war vorgeprescht, doch der 29-Jährige überholte ihn in der zweiten Kurve und spielte dann seine ganze Routine und Stärke aus.

„Es war überraschend“, sagte Floors über den Rennbeginn des US-Amerikaners, der in Paris im vergangenen Jahr aufgrund einer gebrochenen Prothese nicht starten konnte: „Ich wusste, Hunter ist schnell, er hat schon schnelle Zeiten in Amerika gelaufen, aber ich bin ehrlich: Zeiten in Amerika sind Zeiten in Amerika und Zeiten in meinem Rennen sind Zeiten in meinem Rennen. Bisher hat er die Zeiten nie bestätigen können, wenn ich im Rennen dabei war, insofern hat mir das sehr viel Ruhe und Gelassenheit gegeben und das hat sich auch hier bestätigt. Hunter wollte, das war ganz klar zu sehen. Aber ich wusste, ich habe was in petto, ich habe den höheren Top-Speed, ich habe zehn Jahre 400-Meter-Training in den Beinen. Da lasse ich mir so schnell den Weltmeister-Titel nicht wegnehmen.“

Floors, der wie Weitsprung-Weltmeister Markus Rehm die WM in Japan als Kurztrip verbuchte und in der deutschen Zeitzone blieb, blickte aber danach direkt voraus auf das eigentliche Highlight des Jahres: „Das Wichtige in diesem Jahr sind die Paralympics in Paris. Über 400 Meter wird das wiederholt wie 2021 in Tokio – nur die 100 Meter werden ein bisschen besser“, sagte Floors, der damals Paralympics-Gold über die Stadionrunde holte und sich über 100 Meter die Bronzemedaille in einem denkbar knappen Rennen teilen musste.

Der Grieche Stelios Malakopoulos, der den Fokus auf dem Weitsprung hat und bei Steffi Nerius trainiert, wurde in persönlicher Bestzeit von 54,65 Sekunden Fünfter über 400 Meter.

Léon Schäfer erstmals Doppel-Weltmeister

46 Minuten nach Floors WM-Sieg war es Léon Schäfer vorbehalten, sich zum König von Kobe zu krönen: Nach Weitsprung-Gold im letzten Versuch am Sonntag – auch 2019 und 2023 hatte er in seiner Lieblingsdisziplin gesiegt – gewann der 26-Jährige jetzt erstmals ein großes 100-Meter-Rennen und darf sich nun Doppel-Weltmeister nennen. Nach Silber bei der WM 2019, Bronze in Tokio bei den Paralympics und bei der WM 2023 eine besondere Genugtuung für den gebürtigen Bremer, der ebenfalls in Leverkusen bei Erik Schneider trainiert und der immer betonte, dass er auch im Sprint gewinnen möchte. In Kobe blieb er in persönlicher Bestzeit von 12,03 Sekunden zwei Hundertstel vor dem jungen Südafrikaner Puseletso Mabote und dem Niederländer Joel de Jong.

„Es ist noch schwer zu greifen. An sich war es kein gutes Rennen“, sagte der 4x100-Meter-Staffel-Weltmeister von London 2017: „Mein Start war sehr, sehr schlecht, ich habe die Jungs alle wegziehen sehen und dachte mir: Junge, das kann nicht sein – jetzt hack‘ einfach rein und das habe ich gemacht und am Ende das Ding gewonnen.“

Mit der Zeit verbesserte sich Schäfer auch um 0,15 Sekunden und knackte den elf Jahre alten deutschen Rekord von Heinrich Popow, der damals in Leverkusen in 12,11 Sekunden zum Weltrekord gelaufen war. „Er hat mir vorhin noch geschrieben, ich meinte: Hey Brudi, gib‘ mir mal zwei, drei Sachen, die ich anders machen an“, sagte Schäfer über seinen großen Mentor: „Er hat die mir genannt, ich habe probiert, im Warm-Up daran zu denken und die umzusetzen. Der Start hat auf jeden Fall nicht geklappt, aber das mit dem vorne bleiben und Druck machen hat geklappt und ich bin ihm sehr, sehr dankbar.“

Mit einem besseren Start, so ist sich Schäfer sicher, ist in Paris bei den Paralympics „safe sub-12“ möglich, also ein Rennen unter zwölf Sekunden für den oberschenkelamputierten Sprinter, der auch im Weitsprung ambitionierte Ziele hat: „Ich peile dieses Jahr schon die 7,40 Meter, 7,50 Meter an – irgendwas dazwischen“, sagt er über seinen Weltrekord, der aktuell bei 7,25 Metern steht. 

Jule Roß wird Neunte in Traum-Zeit – mit zu viel Wind

Am Vormittag hatte Jule Roß über 200 Meter in 25,95 Sekunden als Vierte ihres Laufs und Gesamt-Neunte hauchdünn das Finale verpasst. Die Zeit wäre Paralympics-Norm und Bestzeit gewesen, leider verhinderte dies der zu starke Rückenwind: „Ich bin auf jeden Fall happy mit der Zeit. Dass es nach all den Rennen so gut gelaufen ist, überrascht mich sehr. Es war ein guter Abschluss und es freut mich, dass die ganze WM so gut gelaufen ist. Ich habe alle meine Ziele erreicht und bin sogar darüber hinausgegangen.“

Die 17-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen, die über 400 Meter in deutscher Rekordzeit zur Paralympics-Norm gestürmt war, als Sechste über 100 Meter ihre Bestzeit verbessert hatte und Achte im Weitsprung wurde, erlebte dennoch eine grandiose Weltmeisterschaft.

 Damit holte der TSV Bayer 04 Leverkusen im Universiade Memorial Stadium im japanischen Kobe vier Goldmedaillen durch Léon Schäfer, Johannes Floors und Markus Rehm auf dem Konto. Sieben Athletinnen und Athleten konnten bislang die geforderte Norm für die Paralympics in Paris erbringen, davon Jule Roß bei der WM.

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