Für Wissbegierige
Taliso Engel (c) Mika Volkmann

| Parasport

Drei Weltrekorde für Schwimmer Taliso Engel

Zwei deutsche Kurzbahn-Meisterschaften, zwei Wettkampforte, zehn Starts: Für Paralympics-Sieger Taliso Engel hat sich der große Aufwand am Wochenende mehr als gelohnt. Der 20 Jahre junge Welt- und Europameister schwamm zu drei Weltrekordzeiten, verbesserte einen weiteren deutschen Rekord und wurde vier Mal deutscher Kurzbahnmeister im Para Schwimmen. Ein inoffizieller Weltrekord gelang Tobias Pollap.


„Das war sehr erfolgreich, würde ich sagen“, sagt der sehbehinderte Ausnahme-Schwimmer am Sonntagabend, als er sich um 19 Uhr aus dem Bett aus der Nürnberger Heimat meldet: „Ich bin super zufrieden mit meinen Leistungen, aber vier Wettkampftage machen sich bemerkbar. Ich bin super müde und froh, dass ich schon zuhause bin. Drei Weltrekorde und ein deutscher Rekord – ich freue mich sehr.“

Los ging das Mammut-Programm am Donnerstag bei den Deutschen Kurzbahn-Meisterschaften in Wuppertal. Engel, der im Para Bereich für den TSV Bayer 04 Leverkusen und ansonsten für die SG Mittelfranken startet, durfte sich als einziger Schwimmer mit einer Behinderung mit der deutschen Schwimm-Elite messen. Mit 1:01,19 Minuten über seine Paradestrecke 100 Meter Brust landete er im Vorlauf auf dem geteilten achten Platz: „Deshalb musste ich die 100 Brust noch mal schwimmen, damit sicher ist, wer ins Finale kommt.“ Dort steigerte sich Engel, der sich nach seinem Abitur aktuell voll aufs Schwimmen konzentrieren kann, auf 1:00,75 Minuten, gewann das Ausschwimmen und wurde im Finale mit einer weiteren Verbesserung um drei Zehntel starker Siebter. „Drei Mal 100 Brust mit drei Bestzeiten – das war ein starker Auftakt“, zog Engel ein erstes Zwischenfazit.

Am Freitag konnte der 20-Jährige regenerieren, „es war ein ganz entspannter Tag“, sagt der Nürnberger, der schon mit 16 sein internationales Debüt feierte, mit 17 Welt- und mit 18 Europameister wurde und mit 19 seine junge Karriere mit Paralympics-Gold krönte. Am Samstagvormittag folgte in Wuppertal ein „nicht erwähnenswerter und nicht so toller“ Einzelstart über 50 Meter Brust, wie Engel schmunzelnd ergänzte, danach wurde er in Bestzeit mit der 4x50-Meter-Lagenstaffel der SG Mittelfranken knapp Vierter bei der Deutschen Kurzbahn-Meisterschaft. „Wir haben alle unser Bestes gegeben, deshalb hat das gepasst.“ Danach fuhr Engel von Wuppertal nach Düsseldorf, um dort bei der parallel stattfindenden Deutschen Kurzbahn-Meisterschaft im Para Schwimmen ins Wasser zu gehen.

In 1:00,26 Minuten knackte er direkt den Weltrekord in seiner Startklasse über 100 Meter Brust. Zum Vergleich: Damit hätte er in Wuppertal im Finale sogar Platz fünf belegt und ist nah dran an der deutschen Spitze. Zu Ex-Weltmeister Marco Koch als Vize-Meister fehlten nur 1,36 Sekunden, zum deutschen Meister Lucas Matzerath, dem EM-Bronzemedaillengewinner über 50 Meter Brust von Rom, 1,75 Sekunden. Engel haderte dennoch: „Ich hatte mir vorgenommen, unter einer Minute zu schwimmen, das hat leider nicht geklappt. Aber vierte Bestzeit über 100 Brust in zwei Tagen, Weltrekord – dann schwimmen wir eben das nächste Mal unter einer Minute.“ Über 100 Meter Lagen gelang ihm das Kunststück in 59,13 Sekunden verbunden mit einem deutschen Rekord.

Am Sonntag ließ er es zum Abschluss erneut krachen: Über 50 Meter Freistil in 23,38 Sekunden und 200 Meter Brust in 2:18,62 Sekunden knallte er zwei weitere Weltrekorde in seiner Startklasse S13 ins Wasser. „Gerade mit Kraul hätte ich nicht gerechnet, ich bin eineinhalb Wochen nicht schnell gekrault, weil wir den Fokus voll auf Brust hatten und habe mich deshalb echt gefreut, dass ich das hinbekommen habe. Auch mit den 2:18 über 200 Meter Brust war ich sehr glücklich, das ist vier Sekunden unter Bestzeit – alles in allem war das sehr erfolgreich“, resümierte Engel, für den sich die Fahrten zwischen Wuppertal und Düsseldorf gelohnt haben. Auch an den kommenden Wochenenden könnte der Para Nachwuchssportler des Jahres 2019 und Eliteschüler 2021 in Düsseldorf zu großen Ehren kommen: Für seine WM-Titelverteidigung in Rekordzeit in diesem Jahr stand er jüngst auch als Para Sportler des Jahres in Deutschland und NRW zur Wahl – die Ergebnisse werden am 26. November bei der DBS-Gala und am 9. Dezember bei der FELIX-Gala in der Düsseldorfer Rheinterrasse verkündet. Was jetzt schon feststeht: Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2023 in Manchester und den Paralympics 2024 in Paris ist Taliso Engel bereits in Top-Form.

Auch Tobias Pollap und Maurice Wetekam in Rekordlaune

Jubel gab es auch bei Engels Leverkusener Teamkollegen von der SG Bayer: Tobias Pollap gelang über 100 Meter Schmetterling in 1:12,61 Minuten ein inoffizieller Weltrekord, über 50 Meter Schmetterling verbesserte er ihn 32,13 Sekunden den deutschen Rekord auf der Kurzbahn. Insgesamt gewann er drei deutsche Meistertitel sowie einmal Silber hinter Engel. „Ich bin noch nicht ganz weg. Der Wettkampf hat mir viel Spaß gemacht. Ich kann noch gute Zeiten schwimmen und das gibt mir Motivation“, sagte der Routinier.

Maurice Wetekam gewann gleich zehn Mal den Titel in der Jugend A, über 50 Meter Brust in 32,06 Sekunden sogar in deutscher Rekordzeit. Das 16 Jahre junge Talent wurde damit sogar zwei Mal Meister in der offenen Klasse, vier Mal Zweiter und ein Mal Dritter.

Für die Nachwuchs-Schwimmer*innen Elias de Souza, Havin Islek, Marley Kranich und Lena Cornelissen gab es zudem weitere Bestzeiten und Podest-Platzierungen.

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